In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts genoss die Musik am Wiener Kaiserhof einen ausgezeichneten Ruf; weit über die Grenzen des Habsburgerreiches hinaus. Adelshäuser und Klöster ahmten die prunkvollen Gottesdienste nach, und viele Musiker versuchten, eine Anstellung an der Hofmusikkapelle zu erreichen. Einer, dem es geglückt ist, in den Kapellen von gleich drei Kaisern tätig zu sein, war der zu seiner Zeit hoch angesehene gebürtige Venezianer Marc'Antonio Ziani (1652/53-1715). Seine Kirchenmusik erweist sich als ausgesprochen vielseitig und reicht von kurzen Motetten und Messen im alten polyphonen Stil bis hin zu umfangreichen, prächtigen Chorwerken mit Solisten und Orchester. Die erstmals editierte Missa brevis ist ein gutes Beispiel für eine Messvertonung, die gut singbar ohne übergroße sing- und spieltechnische Anforderungen auskommt und zugleich durch ihre Ausdruckskraft besticht. Nicht zuletzt in den fugierten Passagen zeigt sich Zianis Meisterschaft auf eindrucksvolle Weise.