Eine Dame wird beschrieben: Ihre Gestalt ist von anmutiger Schönheit und ihr Charakter voller Tugend. Ihre Vollkommenheit ist diesseits und jenseits des Meeres unerreicht. Verfasser dieser verliebten Zeilen ist Charles d'Orléans. Rund fünf Jahrhunderte später wurden sie von Claude Debussy vertont. In Dieu! qu'il la fait bon regarder (Gott! Ist es schön sie anzusehen) verdichten sich auf kleinstem Raum expressionistische Tonsprache und archaisch anmutende Melodiearabesken. Die Anmut und Grazie der beschriebenen Dame sind in Details wie dem wiegenden Dreiermetrum, den verzierenden Triolen oder den betörenden Sextenparallelen stets gegenwärtig. Debussy beschwört hier ein stilisiertes Trugbild von Renaissancemusik – angereichert mit den rhythmischen Finessen und dem reichen Klangrepertoire des Expressionismus.